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Führungskompetenz

Wie funktioniert Holokratie und ist es Zeit für Holacracy in Ihrem Unternehmen?

Anika Wegner
Veröffentlicht: 26 Oktober 2023
Upgedatet: 26 Oktober 2023
Bunte Collage mit eine Hand, die drei Papierflieger fliegen lässt; als Symbol für Holokratie.

In diesem Artikel erklären wir ihnen, was Holokratie ist, wie es funktioniert und mit welchen Elementen Sie Holacracy in Ihrem Unternehmen einführen können. Bei Babbel haben wir selbst ein Holacracy-Experiment gewagt und zeigen Ihnen hier unsere Erkenntnisse dazu.

Ein Freiberufler muss sein eigener Chef sein, doch kann ein Team ohne Führungskraft funktionieren? Und kann gar ein ganzes Unternehmen ohne diese geleitet werden? Spätestens seitdem Tony Hsieh, CEO des amerikanischen Onlinehändlers Zappos, seine Mitarbeitenden aufforderte, beim System Holacracy mitzumachen oder schlichtweg die Firma zu verlassen, ist Holacracy in aller Munde. Und obwohl die Kritik am System zunimmt, so ist Holacracy nicht mehr aus aktuellen Managementdiskursen wegzudenken.

Inhaltsverzeichnis

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Was ist Holokratie? Definition, Bedeutung und Ziele

Die Holokratie (deutsch für Holacracy) ist eine Organisationsstruktur, die darauf abzielt, traditionelle Hierarchien durch ein flexibleres und dezentralisiertes Modell zu ersetzen.

Im Gegensatz zu herkömmlichen hierarchischen Strukturen, bei denen Macht und Entscheidungsbefugnis von oben nach unten fließen, verteilt die Holokratie die Autorität auf mehrere autonome Einheiten oder „Kreise“ (mehr dazu weiter unten).

Die Holokratie zielt darauf ab, eine flexiblere und anpassungsfähigere Organisationsstruktur zu schaffen, die besser auf die Anforderungen einer schnelllebigen und sich ständig verändernden Geschäftsumgebung reagieren kann. Es wurde als Alternative zu traditionellen hierarchischen Modellen entwickelt, um agiler auf Herausforderungen und Chancen reagieren zu können.

Ein Organigramm von Holacracy vs. Hierarchie.

Wie entstand Holacracy?

Holacracy wurde von Brian Robertson entwickelt. Robertson war ein Unternehmer, der nach effektiveren Organisationsstrukturen suchte, um mit den Herausforderungen und Dynamiken moderner Unternehmen umzugehen. Die Entwicklung von Holacracy begann in den frühen 2000er Jahren.

Die Idee hinter Holacracy wurde während Robertsons Arbeit als CEO eines Softwareunternehmens namens Ternary Software geboren. In einem Versuch, die traditionellen hierarchischen Strukturen zu überwinden und eine Organisation zu schaffen, die sich besser an schnelle Veränderungen anpassen konnte, experimentierte Robertson mit verschiedenen Organisationsmodellen.

Nach einigen Iterationen und Erfahrungen entwickelte Robertson schließlich die Grundlagen von Holacracy. Die erste formale Veröffentlichung erfolgte im Jahr 2007 in Zusammenarbeit mit Tom Thomison, der auch in der Entwicklung von Holacracy involviert war. Seitdem hat sich Holacracy weiterentwickelt und wurde von verschiedenen Organisationen auf der ganzen Welt übernommen.

Holacracy hat in den letzten Jahren an Bekanntheit gewonnen, insbesondere in der Technologie- und Start-up-Szene, wo agile und flexible Organisationsstrukturen oft geschätzt werden. Der Ansatz von Holacracy erntet auch Kritik, aber die Idee, traditionelle Hierarchien durch flexiblere und partizipativere Modelle zu ersetzen, hat in vielen Organisationen Interesse geweckt.

💡 Tipp von Babbel
Ein ähnliches Modell ist die Teal-Organisation, bei der der Schwerpunkt auch auf selbstorganisierten Teams liegt. In einem weiteren Artikel erklären wir Ihnen mehr zur Teal-Organisation und wie sie funktioniert.

Soziokratie vs. Holokratie: Was ist der Unterschied?

Die Soziokratie und die Holokratie sind beide Organisationsmodelle, die darauf abzielen, herkömmliche hierarchische Strukturen durch dezentrale und partizipative Ansätze zu ersetzen. Obwohl sie einige Gemeinsamkeiten haben, gibt es auch wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Konzepten. Hier sind einige der wichtigsten Unterschiede:

SoziokratieHolokratie
EntscheidungsprozessIn der Soziokratie basiert der Entscheidungsprozess auf Konsent. Das bedeutet, dass Entscheidungen angenommen werden, es sei denn, es gibt einen stichhaltigen Einwand. Dies fördert eine hohe Beteiligung und ermöglicht es den Mitgliedern, aktiv an Entscheidungen teilzunehmen.In der Holokratie gibt es ein klar strukturiertes System für den Entscheidungsprozess, das auf definierten Regeln und Protokollen basiert. Es gibt formale Mechanismen für die Weiterentwicklung von Entscheidungen, die auf einer dynamischen Autorität beruhen.
OrganisationsstrukturDie Soziokratie verwendet oft den Begriff „Kreise“ für Teams oder Abteilungen, und Entscheidungen werden auf verschiedenen Ebenen getroffen, wobei jeder Kreis autonom agiert.In der Holokratie gibt es ebenfalls Kreise, aber sie sind Teil einer klar definierten Struktur, die die Autorität und Verantwortlichkeiten regelt. Die Struktur umfasst verschiedene Rollen und Kreise, die in einem bestimmten Kontext miteinander verbunden sind.
Zweck und ZielDie Soziokratie betont oft die Entwicklung von Konsent als Mittel zur Förderung von Kooperation und effektiver Entscheidungsfindung in einer Gruppe.Die Holokratie wurde entwickelt, um hierarchische Strukturen zu überwinden und eine agile, anpassungsfähige Organisation zu schaffen, indem sie klare Regeln und Prozesse für den Umgang mit Macht und Autorität bereitstellt.
FlexibilitätDie Soziokratie betont oft die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, um sicherzustellen, dass die Struktur und die Prozesse den Bedürfnissen der Organisation entsprechen.Die Holokratie legt Wert auf eine klare und stabile Struktur mit festgelegten Regeln und Prozessen, um eine dynamische und dennoch strukturierte Umgebung zu schaffen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Anwendung und Interpretation dieser Modelle in der Praxis je nach Organisation variieren können. Einige Organisationen könnten auch Elemente der Soziokratie und Holokratie kombinieren, um ein für sie geeignetes Modell zu schaffen.

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Wie funktioniert Holokratie?

Holacracy ist ein konzeptionelles Grundgerüst (auch Framework genannt), welches verteilte Entscheidungsfindung ermöglichen soll. Entscheidend hierbei ist, dass bei Holacracy jedem die Möglichkeit gegeben wird, seine Fähigkeiten bestmöglich einzusetzen. Was für viele auf den ersten Blick wie Anarchie wirkt, ist bei genauerer Betrachtung ein extrem strukturiertes System, das viel Disziplin und Transparenz von allen Beteiligten erfordert.

Diese Struktur und Hierarchie geht jedoch nicht von bestimmten Personen aus, sondern vielmehr von sogenannten Circles (Kreisen). Anstelle von verstaubten top-down-Strukturen, geht es bei Holacracy darum, dass den einzelnen Mitarbeitenden und Teams mehr Entscheidungskompetenz und Macht gegeben wird sowie die Freiheit, sich selbst zu managen und trotzdem im Einklang mit den Zielen und Zwecken des Unternehmens zu arbeiten. Informationen sind transparent und offen zugänglich, Meetings werden auf eine bestimmte, sehr effiziente Art durchgeführt.

📚 Mehr zum Thema Selbstmanagement
In einem weiteren Artikel erklären wir Ihnen die Vorteile von Selbstmanagement und welches Potenzial es am Arbeitsplatz hat.

Gibt es Holacracy-Modelle und was sind die wichtigsten Elemente?

Es gibt keine „Modelle“ von Holacracy im Sinne von verschiedenen Varianten oder Typen, sondern es gibt unterschiedliche Elemente, die Unternehmen und Organisationen implementieren und es an ihre eigenen Bedürfnisse anpassen können:

1. Rollen statt Stellenhierarchien

Grundlegendes Element für Holacracy sind sogenannte Rollen. Hierbei geht es vor allem darum, nicht in Jobbeschreibungen oder altgedienten Hierarchien zu denken, sondern in Zuständigkeiten. Im Gegensatz zu Jobbeschreibungen, die immer Raum für Interpretation der jeweiligen Aufgaben lassen, ist bei den einzelnen Rollen Sinn und Zweck sowie die genaue Ausgestaltung exakt definiert.

Die Idee ist also, dass eine Person statt einer einzigen Jobbeschreibung (zum Beispiel Senior HR Manager) viele einzelne Rollen ausübt. Wie diese ausgestaltet werden müssen, um alle anfallenden Aufgaben zu erledigen, entscheidet jedes Team beziehungsweise jeder Circle selbst.

Ausgehend von der Annahme, dass sich heutzutage die Herausforderungen an Unternehmen und Teams im ständigen Wandel befinden, werden die Rollen entsprechend der jeweiligen Umstände angepasst, präzise definiert und je nach Fähigkeiten auch neu zugeteilt. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Mitarbeitende nicht an ihren ursprünglichen Stellenbeschreibungen festhalten, sondern sich den Umständen anpassen.

Und nicht nur das: Bei holokratischen Rollen geht es vor allem auch darum, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Verständnis dafür entwickeln, welche Aufgabenbereiche es gibt und wie diese bewältigt werden können. Auf diese Weise können Missverständnisse frühzeitig aus dem Weg geräumt werden und es gibt für alle zu erledigenden Aufgaben Zuständige, die sich hierum kümmern. Die Erarbeitung der Rollen mit präziser Beschreibung der jeweiligen Aufgaben erfolgt, bevor diese den jeweiligen Teammitgliedern zugeordnet werden.

2. Kreisstruktur

Die unterschiedlichen Rollen werden in unterschiedlichen „Kreisen“ (deutsch für Circle) organisiert. Diese Kreise sind gewissermaßen hierarchisch organisiert: Jeder Kreis bekommt seinen Zweck vom nächst größeren Kreis zugeschrieben.

Allerdings ist auch hier Selbstbestimmung gefragt: Denn obwohl der Zweck vom jeweils größeren Kreis festgelegt wird, heißt das nicht, dass sie sich explizit daran halten müssen. Denn die jeweils kleineren Kreise können ihrerseits eigenständig neue Zielsetzungen für sich definieren, wenn sie feststellen, dass sie auf diese Weise besser arbeiten und ihre Ziele besser erreichen können.

Schließlich hat jeder Kreis seine eigenen Governance-Prozesse: Sie entscheiden also für ihre jeweiligen Kreise, wer welche Rollen übernimmt und auf welche Weise sie die ihnen zugedachten Aufgabenbereiche bearbeiten wollen. Darüber hinaus gibt es Mitglieder (ebenfalls in Form von Rollen), die sogenannten Rep Links, die für die Kommunikation mit anderen Kreisen zuständig sind. Auf diese Art soll sichergestellt werden, dass Zielsetzung und Mission der jeweiligen Kreise im Einklang mit den Unternehmenszielen und Strategien stehen.

3. Governance-Prozesse

Bei Holacracy gibt es definierte Prozesse und Regeln, wie die Steuerung der einzelnen Kreise auszusehen hat. Mithilfe der „Integrativen Entscheidungsfindung“ werden innerhalb der Kreise Entscheidungen getroffen. Bei dieser Methode werden relevante Informationen von allen Beteiligten eingeholt und auf eine sachbezogene Weise (nicht basierend auf Präferenzen oder Egos einzelner) bewertet. Innerhalb der Governance Prozesse geht es vor allem auch darum, Konsens zu erlangen und integrativ zu arbeiten.

4. Operative Prozesse

Holacracy verfolgt vor allem eine größtmögliche Autonomie und Freiheit für den Einzelnen unter der Einhaltung strenger Regeln und Prozesse. Auf diese Weise sollen Mitarbeitende möglichst effizient und effektiv ihre Rollen ausfüllen können. Dies geschieht jedoch mit einigen Einschränkungen, die vor allem durch spezifische Regeln und Governance-Prozesse festgelegt sind. In speziell dafür vorgesehenen, kurz gehaltenen Meetings werden relevante Informationen ausgetauscht und mögliche Blockaden und Zukunftsszenarien mit anderen Rollen zielführend diskutiert.

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Welche Vor- und Nachteile hat Holokratie?

Holokratie ist eine Organisationsstruktur, die ihre eigenen Vor- und Nachteile hat. Es ist wichtig zu beachten, dass die Anwendbarkeit von Holokratie stark von der Art der Organisation, ihrer Kultur und den beteiligten Personen abhängt. Hier sind einige allgemeine Vor- und Nachteile:

Vorteile der Holokratie

  1. Agilität und Anpassungsfähigkeit: Holokratie ermöglicht eine schnellere Anpassung an Veränderungen in der Umgebung. Die Organisation kann flexibler auf neue Anforderungen und Chancen reagieren.
  2. Partizipation und Engagement: Holokratie fördert die Beteiligung der Mitarbeitenden an Entscheidungsprozessen. Da die Autorität auf verschiedene Rollen und Kreise verteilt ist, haben die Mitglieder mehr Einfluss auf die Organisation.
  3. Transparente Regeln: Die Struktur und die Regeln der Holokratie sind transparent und für alle Mitglieder zugänglich. Dies kann zu einer verbesserten Kommunikation und Verständnis der Organisationsprozesse beitragen.
  4. Fokus auf Aufgaben: Durch die klare Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten kann Holokratie sicherstellen, dass die Organisation effektiv auf ihre Ziele und Aufgaben ausgerichtet ist.

Nachteile der Holokratie

  1. Komplexität: Die Einführung und Aufrechterhaltung von Holokratie erfordert ein gewisses Maß an Schulung und Verständnis. Die Komplexität der Struktur kann für manche Mitarbeitende verwirrend sein.
  2. Mangelnde Hierarchie: Einige Menschen bevorzugen klare Hierarchien, um Entscheidungswege und Verantwortlichkeiten besser zu verstehen. Der Mangel an traditionellen Hierarchien kann zu Unsicherheit führen.
  3. Zeit- und Ressourcenaufwand: Die Umstellung auf Holokratie erfordert Zeit und Engagement. Die Schulung der Mitarbeitenden und die Implementierung der neuen Struktur können Ressourcen in Anspruch nehmen.
  4. Kritik an Entscheidungen: Da Entscheidungen auf der Basis von festgelegten Regeln und Prozessen getroffen werden, könnte dies dazu führen, dass einige Entscheidungen als zu mechanisch oder unflexibel empfunden werden.
  5. Nicht für alle Organisationen geeignet: Holokratie mag nicht für alle Arten von Organisationen oder Branchen geeignet sein. Einige Unternehmen können von klaren Hierarchien und traditionellen Organisationsstrukturen profitieren.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Auswirkungen von Holokratie stark von der Art der Organisation, der Implementierung und der Akzeptanz durch die Mitarbeitenden abhängen. Was für eine Organisation funktioniert, muss nicht unbedingt für eine andere gelten.

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Für welche Unternehmen macht Holacracy Sinn?

Auffällig am System Holacracy ist vor allem, mit welchem Nachdruck erfolgreiche Firmen wie Zappos dieses eingeführt haben. Inzwischen sind sich jedoch viele Holacracy-Verfechter einig, dass Holacracy in einer abgeschwächten Form ebenfalls funktionieren kann. So sollte jede Organisation und jedes Team für sich schauen, wie viel Holacracy sie sich zumuten können und wollen.

Die Entscheidung hin zum System Holacracy erfordert eine intensive Beschäftigung mit sich selbst. Hierzu müssen alle Beteiligten bereit sein, da es viel Arbeit, Disziplin und Offenheit erfordert. Denkbar ist deshalb beispielsweise auch, dass einzelne Abteilungen unabhängig voneinander erste Tests mit Holacracy durchführen. So hat beispielsweise das Content-Team von Blinkist für sich eine „Light version of Holacracy“ entwickelt und die Erfahrungen geteilt. Und auch bei Babbel war man in einem Team offen, Holacracy auszuprobieren (mehr dazu im nächsten Punkt).

Das bisher größte Unternehmen, welches Holacracy aktiv und ohne Kompromisse nutzt, ist Zappos mit rund 1500 Mitarbeitenden. Von kleineren und mittelständischen Unternehmen gibt es ebenfalls häufig Erfolgsgeschichten, die im Zusammenhang mit Holacracy erzählt werden. Große Unternehmen mit tausenden von Mitarbeitenden, haben sich bisher noch nicht an das System herangetraut.

Doch letztlich geht es bei der Auseinandersetzung mit Holacracy auch nicht zwangsläufig darum, dass System in Gänze im Unternehmen umzusetzen. Die Tatsache zu akzeptieren, dass es heutzutage völlig neuer Managementansätze bedarf und dass ein Umdenken erforderlich ist, ist entscheidend. Und Holacracy kann ein spannender und wichtiger Bestandteil bei der Auseinandersetzung und dem Testen neuer Ansätze im Kontext von New Work sein. Schließlich ist es oft der Mut zum Experiment, der zu Innovation im Unternehmen führt.

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Holacracy bei Babbel: Wir haben es probiert und sind auf der Nase gelandet ➡️ Unsere Erkenntnisse

Wir haben vor ein paar Jahren selbst das Experiment gewagt und Holacracy bei dem Babbel-Team International Growth eingeführt. Nach einem Jahr entschieden wir uns jedoch, das Experiment abzubrechen und wieder zu einer hierarchischen Führung zurückzukehren.

Das Experiment startete positiv

Arne Schepker, CEO & MD von Babbel, freute sich zunächst über den Vorschlag, Holacracy auszuprobieren. Er sah darin ein starkes Selbstvertrauen und Motivation des Teams. Das Team einigte sich schnell auf Selbstorganisation als Experiment und wählte einen externen Coach, um sie zu unterstützen.

Die Beziehung zum externen Coach gestaltete sich positiv, und das Team entwickelte ein Modell, das Holacracy nicht dogmatisch umsetzte, sondern an die eigenen Bedürfnisse anpasste. Schepker musste sich daran gewöhnen, sein Versprechen einzuhalten, sich nur dann einzumischen, wenn das Team ihn explizit darum bat. Der Reality-Check setzte ein paar Monate später ein, als die Warnungen, die Schepker extern erhalten hatte, sich bewahrheiteten. Die zusätzliche Struktur von Holacracy bedeutete mehr Arbeit für das Team, und es kam zu Konflikten, die das Team selbst nicht lösen konnte.

Der Reality-Check kam nach ein paar Monaten

Schepker unterteilt die Zeit des Holacracy-Managements in zwei Phasen: die Hoffnung und den Reality-Check. Die Anfangszeit war motivierend, aber die Realität setzte ein, als die zusätzliche Struktur mehr Arbeit bedeutete und Konflikte auftraten. Der Tiefpunkt war der Verlust eines Teammitglieds aufgrund der Selbstorganisation, was man als Risiko mit einrechnen sollte.

Susanne Wechsler, Director of Babbel Impact, war damals Mitglied des selbstorganisierten Teams und empfand, dass die Zusammenarbeit unter Holacracy intensiver und emotionaler war. Die erhöhte emotionale Belastung führte zu mehr Druck auf jeden Einzelnen, förderte jedoch auch die Selbstreflexion und persönliche Entwicklung.

Trotz dieser positiven Aspekte entschied das Team von Babbel, das Holacracy-Experiment zu beenden. Die Rollen und Aufgaben wurden ständig erweitert, was zu einer unbalancierten Situation führte. Holacracy wurde im Team als ineffizient empfunden, und Diskussionen auf der Metaebene lenkten von den eigentlichen Aufgaben ab.

Unsere Erkenntnisse zum Holacracy-Experiment

Schepker und Wechsler sind der Meinung, dass Holacracy unter bestimmten Umständen funktionieren kann, aber es ist deutlich schwerer als viele denken. Es erfordert spezifische Bedingungen, wie eine inhaltliche Eignung der Aufgaben für Holacracy, gute Kommunikations- und Konfliktlösungsfähigkeiten der Teilnehmenden und eine gemeinsame Zielsetzung aller Teammitglieder.

Trotz des Scheiterns des Holacracy-Experiments werden viele Selbstmanagement-Ansätze weiterhin bei Babbel verwendet. Schepker und Wechsler würden unter bestimmten Voraussetzungen Holacracy erneut eine Chance geben, da sie weiterhin an die Grundsätze von Selbstorganisation glauben. Der Grundsatz hinter Selbstorganisation, dass Teams das Beste aus sich herausholen, wenn Eigenverantwortung wirklich gelebt wird, halte Schepker nach wie vor für absolut valide. Da kein Ansatz nur schwarz oder weiß ist, kann sich jedes Unternehmen aber auch einen Grauton dazwischen aussuchen.

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Anika Wegner

Anika Wegner

SEO Content & Blog Manager — Sprache als Zugang zu anderen Kulturen ist ein Thema, das Anika sehr am Herzen liegt. Deshalb schreibt sie bei Babbel über Themen, wie Unternehmen von Sprachlernlösungen profitieren können.

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